Der russische Prinz und General Peter Troubetzkoy und seine Frau, die amerikanische Opernsängerin Ada Winans, lernten sich in Florenz kennen, wo sie Gesang studierte und er diplomatische Beziehungen für den Zar unterhielt. Als ihr erster Sohn, Pierre, 1864 zur Welt kam, brach Ada ihre Karriere ab und widmete sich ausschliesslich ihrer Familie. Sie suchten nach einem ruhigen Ort, der für die Zucht verschiedener Pflanzenarten geeignet war, da der Prinz von Botanik begeistert war. Sie hielten sich auf dem Lago Maggiore auf und mieteten ein Haus in der Ortschaft Sassonia, wo Paul – der zukünftig Bildhauer wurde – zur Welt kam. Der Prinz kaufte ein Grundstück über 10’000 Quadratmeter in einer unwegsamen Gegend, um ein prächtiges Haus mit Blumen und Pflanzen zu bauen. Er musste das Gelände ebnen und roden, und entfernte dazu viele Steine.
Im Sommer 1867 war der Park bereits voller seltenen und exotischen Pflanzen: Der erste Pinus Strobus kam aus Amerika und wurde neben Eichen, Buchsbäumen, Eukalypten aus Australien, hängenden Blau- und Himalaja-Zedern und Araukarien gepflanzt. Bunte Azaleen, Begonien, Kamelien, Rhododendren und Gardenien waren auch zu bewundern. Im Haus verkehrten viele Künstler und berühmte Persönlichkeiten, die von der Schönheit der Gegend und der Gastfreundlichkeit von Troubetzkoy angezogen waren: Literaten trugen Gedichter auf wunderschönen Vollblutpferden vor oder gingen in der Nacht herum und flüsterten miserere, Malerateliers und Singduette wechselten sich ab; die Tage vergingen mit Ausflügen in die Berge oder auf den See und lebhaften literarischen Gesprächen. Eleonora Duse stand gerne sehr früh auf, um den Sonnenaufgang zu bewundern. Der Maler Daniele Ranzoni, der in Villa Ada wohnte, wenn er nicht in Mailand war, malte verschiedene Bilder im Haus: das Porträt der Prinzessin auf einer Wand, er schmückte die kleinen Mauern entlang dem Bach mit Vasen und Töpfen und meißelte eine nackte Frauenfigur.
Troubetzkoy beschreibt seinen dritten Sohn als eine lustige und lebhafte Person, die den Prinzen Malerei und römische Geschichte lehrte und mit ihnen spielte. Wegen einer falschen Investition und der hohen Ausgaben, um einen solchen Lebensstil zu erhalten, musste Troubetzkoy 1890 sein Haus an die Gräfin Ceriana Rocca verkaufen. Sie blieben jedoch in Ghiffa, und mieteten das Chalet neben dem Haus, in welches sie manchmal zurück kamen. Am Ende des 19. Jahrhunderts wurde der private Garten von den Gebrüdern Ingignoli angelegt, die auch Parco Sempione und den Garten von Dr. Sacco in Mailand realisierten.
1912 kaufte Paul in Suna eine Liegenschaft, die er „Ca’ Bianca“ nannte. Dort wohnte er mit dem Bruder Ludwig und fertigte viele Werke an, darunter eine Statue von Puccini, eine der Herzogin von Pistoia und ein Porträt von D’Annunzio. Im März 1945 wurde das Haus von einem Brand zerstört. Einige Werke sind jedoch im Landschaftsmuseum von Pallanza aufbewahrt und auf der Seepromenade gibt es das Gefallendenkmal, auch an Raffaele Cadorna gewidmet. Hinter Villa Ada – die zur Zeit in einem verwahrlosten Zustand ist – befindet sich heute eine moderne Wohnanlage, die die Bedürfnisse der heutigen Gesellschaft erfüllt.
Troubetzkoy, der Palmenimporteur
An den Ufern des Lago Maggiore, des größten Sees südlich der Alpen, liegt eine “Anlage” (ein faszinierendes Thema für Botaniker und Gärtner), die aufgrund ihrer Vielfältigkeit wahrscheinlich die Einzige dieser Art in ganz Europa ist. Ihr Besitzer ist Fürst Pietro Troubetzkoy, der Inhaber der großen Parkanlagen bei Moskau – berühmt für ihre beachtliche Anzahl an Palmen – etwa 400 – sowie Cycas, “Screw Pines” und Carludovica. Der Fürst ist kein Laie, sondern ein großer Kenner, der den Gartenbau mit seltener Begeisterung treibt. In Moskau war er der Leiter und Treiber von allem, was in seinen Gärten geschaffen wurde.
Das gilt auch für Villa Ada in Ghiffa: Alle Arbeiten werden von ihm beschlossen und kein Baum wird gepflanzt, ohne dass er persönlich die Leitung übernimmt. Sein Ziel dort ist es, eine Sammlung von Pflanzen und Sträuchern anzulegen, insbesondere Nadelbäumen aus den höchsten Himalaya-Gipfeln, aus dem Süden der Vereinigten Staaten, aus Kalifornien, aus den Hochebenen Mexikos, aus Peru und Chile, Patagonien, Australien, den südpazifischen Inseln, China und Japan, soweit sie erfolgreich im Freien gezüchtet werden können.
Viele Standorte am Lago Maggiore sind sicherlich besonders günstig für die Gesundheit und das Wohlbefinden von Menschen und Pflanzen: Wegen des milden Klimas ist wahrscheinlich nur Genua in Italien diesem Standort überlegen. Die Villa von Fürst Troubetzkoy genießt übrigens eine der besten Lagen, da sie sowohl im Norden als auch im Süden vor übermäßiger Kälte und Hitze durch einen Felsen geschützt wird. Dort sind die Hitze im Sommer und die Kälte im Winter viel milder als in Pallanza. Obwohl die Pflanzungen noch jung sind, haben Sträucher und Pflanzen schon eine Höhe erreicht, die in manchen Fällen wirklich erstaunlich ist und einen klaren Beweis für die Bodenfruchtbarkeit darstellt.
Am interessantesten sind die Palmen, da ihre Züchtung im Freien in Großbritannien für extrem große Schwierigkeiten sorgI. Die riesige Sammlung des Fürsten scheint hingegen, unter der Kälte nicht zu leiden. Von den neunzehn in Villa Ada im Freien gezüchteten Arten und Sorten sind die interessantesten Palmen die Folgenden: Chamaerops excelsa ist durch eine männliche und eine weibliche Pflanze vertreten. Die weibliche Palme ist etwa 4 m hoch, hat einen Durchmesser von 3 m und ist fast bis zum Stammfuss durch Laub bedeckt. Diese besondere Sorte wurde vom Fürsten in Nizza entdeckt und zu dessen Sammlung hinzugefügt.
Der Stamm ist kürzer und von vielen schönen Blättern umgeben, die im Vergleich zur herkömmlichen Sorte dicker sind und bei Bewegung ein lautes Rauschen erzeugen. Ein schönes starkes Exemplar – noch fast ohne Stamm – von Phoenix dactylifera (Dattelpalme) hat sechszehn Blätter erzeugt und weitere vier befinden sich in der Entwicklungsphase. Das großte Blatt ist 2,5 m lang. Fürst Troubetzkoy hält die Phoenix canariensis für die am wenigsten unempfindliche Sorte gegen Kälte und deshalb besonders geeignet für die Züchtung im Freien in Großbritannien.
Ein vierjähriges Exemplar mit fünfzehn Blättern wächst sehr dicht – es ist kleiner als 1 m und fast 1,5 m breit. Unter den weiteren Palmen sind zu erwähnen: Chamaerops gracilis, Livistona chinensis, Livistona filifera, Sabal Adansoni, Rhapis flabelliformis, Brahea dulcis, Phoenix leonensis und Cocos australis. Auch die Cycas Revolutas wird im Freien gezüchtet und ist deshalb oh ne Folgen über die Winter gekommen.